Toto & Harry in Wuppertal

Torsten Heim und Thomas Weinkauf – die zwei vom Revier

Wir haben die beiden getroffen, als sie am Abend des 02.02.2009 in der Bücherei Köntgen sich selbst, ihre Arbeit und ihr neues Buch „Brennpunkt Großstadt“ vorgestellt haben.

Entgegen vielfach geäußerten Kritiken von Neidern aus den eigenen Reihen, den linken Polizeihassern und Gegnern personifizierter staatlicher Machtinstrumente werden trotz konsumorientierter medialer Transferierung ins deutsche Unterschichten-Fernsehen nicht Privatwohnungen ahnungsloser Bürger gestürmt.  Auch besteht nicht die Gefahr, dass man die 110 wählt, weil der Nachbar wieder einmal nachts besoffen vor der falschen Wohnungstür randaliert und plötzlich ein komplettes Fernsehteam im Schlepptau von dem gerufenen Freund und Helfer die 150 Watt-Birne der Fernsehkamera auf Dich richtet und Millionen von Zuschauern darüber lachen, dass du völlig entnervt und übermüdet, voller Sorgen um die eigene Nachtruhe und hilflos dein persönliches Schicksal ungewollt der breiten Masse an schaulustigen Arbeit suchenden Dauer-TV-Serien-Glotzern präsentierst.

Exhibitionismus? Na klar, das ist hier schon gewollt. Es empfiehlt sich auch, bevor man in Bochum die Unterstützung der Polizei in Anspruch nehmen möchte, seine Wohnung aufzuräumen, die Lockenwickler raus zu nehmen und die Jogginghose wenigsten bis über die Po-Ritze zu ziehen. Aber: Der Brüller der Nation, weil man im Morgenmantel vor der Haustür steht und den Schlüssel vergessen hat? Eine Lachnummer, weil man mit 15 Jahren und 3 Promille von den eigenen Kumpels nackt an einem Laternenpfahl gebunden wurde? Die perfekt Show, weil eine 90-Jährige ihren 4-Liter-Benz nicht rechtzeitig abgebremst hat und nun die Gartenzwergsammlung eines trauernden älteren Mannes umgenietet hat, der diese seit seiner Kindheit gesammelt und voller Hingabe in seinem kleinen Vorgarten arrangiert und gepflegt hat?

NEIN! Kein Vorführen, kein lächerlich machen, kein Geheimnisse preis geben… Toto und Harry betonen deutlich, dass es sich bei allen Situationen um Dokumentationen eines vielseitigen und manchmal lustigen aber eben auch sehr anstrengenden und nervenaufreibenden Polizeialltags handelt, der sich in allen gesellschaftlichen Schichten wiederfinden lässt. Wer, wo und wann im TV übertragen wird, um die Sensationsgier der Zuschauer zu befriedigen erfolgt immer in sensibler Absprache mit den betroffenen Personen – natürlich hinter den Kulissen und ohne Kamera.

Eines ist klar – hier wird Realität veranschaulicht und der Polizeialltag gesellschaftsfähig gemacht. Wer über betrunkene Kinder, verwirrte Obdachlose und aggressive Nachbarn lacht, der scheint selbst noch nicht wirklich über gesellschaftliche Missstände nachgedacht zu haben. Schnell wird man hier auf den Boden der Tatsachen zurück geholt, wenn die beiden von tödlichen Verkehrsunfällen, vernachlässigten Senioren oder misshandelten Kindern erzählen. Wer möchte sich da noch ein Bierchen und die Tüte Chips dazu holen?

Nicht jeder ist ein Opfer. Einige sind Betroffene, die bereit sind, ihren Mitmenschen zu zeigen, dass ihr Problem kein Einzelschicksal ist, sondern dass man Rechte hat, die gehört werden. Sie plädieren für ein besseres Miteinander und machen deutlich, dass jeder handeln muss, der Nachbarn hat, der Geldprobleme von Freunden kennt, der an dem Obdachlosen in der City-Passage vorbei geht, der eine Mutter ihr schreiendes Kind schütteln sieht, der vom Arbeitskollegen gemobbt wird.

Natürlich muss es Kritiker geben – die gibt es überall. Doch muss diese auch konstruktiv passieren. Über den Aspekt der Doppelmoral sollte man nachdenken, lieber Herr Polizeipräsident, lieber TV-Sender, lieber Toto und Harry. Aber kann Vertrauen in den Polizeidienst und die Strafjustiz tatsächlich durch den bequemen & stumpfsinnigen, auf dem Sofa liegenden Betrachter sowie die damit einhergehende nicht ausreichend vorhandene Reflexion medialer Darbietungen des allseits bekannten und auch vielfach selbst erlebten Ist-Zustandes in ihrer Authentizität wirklich erschüttert werden? Wohl kaum. Also, lieber Toto, lieber Harry: Weiter so! Auf dass den Menschen die Menschen weiterhin näher gebracht werden und die Polizei nicht als fremde Staatsgewalt im Hintergrund agiert, sondern Bürgernähe (be) greifbarer macht.

Für die, die’s interessiert: Am 11. Mai 2009 kommen die beiden erneut nach Wuppertal. Ich möchte auch nicht unerwähnt lassen, dass die Einnahmen aus den medientauglichen Veranstaltungen der beiden zu großen Teilen für einen guten Zweck gespendet werden. So engagieren sich die beiden Polizisten zusätzlich für die Stiftung Kinderhospiz Mitteldeutschland Nordhausen e.V. und erinnern immer wieder daran, dass jeder helfen kann.


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