Flucht nach QUIDAM

Mit VIP-Karten für Cirque de Soleil bewaffnet steuern wir letzten Sonntag die Lanxess-Arena in Köln an. Ohne Wartezeiten können wir in ein VIP-Parkhaus fahren, den VIP-Fahrstuhl zum Haupteingang nutzen und werden zum nächsten Fahrstuhl geschickt, der uns direkt in die 4. Etage zum VIP-Restaurant befördert, in dem kostenfrei und köstlich ein VIP-Menü kredenzt wird.

Soweit so gut… Leider stellt der Veranstalter jedoch in dem weitläufigen und großzügig betischt und bestuhlten Restaurant lediglich 10% der Sitzplätze für die VIP-Gäste zur Verfügung, so dass wir uns am 6-Personentisch vorbei an einen 1×1 m kleinen Tisch mit einem weiteren VIP-Besucherpaar quetschen direkt vor der Wand quetschen. Wer einmal sitzt, überlegt sich genau, wie oft man zum VIP-Buffet geht und alle umliegenden Tischnachbarn um eine Unterbrechung ihres Mahls, ihrer Gespräche und ihrer Bequemlichkeit bittet, nur um selbst von dem VIP-All-Inklusive-Paket zu profitieren. Wir entscheiden uns für 3x alle aufstehen lassen und genießen 1 Kaltgetränk, ein Heißgericht und Nachtisch im Weckglas.

Nun machen wir uns auf den Weg in die 1. Etage – in 30 Minuten geht es los. Unsere am Handgelenk angeknoteten VIP-Restaurant-Besucherbändchen baumeln sichtbar für jeden aus unseren Jackenärmeln. Unseren Platz finden wir schnell und alleine, denn ein Anweiser fehlt gerade. Leider sind von unseren 2 reservierten VIP-Plätzen 50% belegt. Belegt von einem Stahlseil, welches dort am benachbarten Stahlträger fest angebunden wurde. Ein Schild am hochgeklappten Stuhl bittet uns um Kontaktaufnahme mit einem Platzanweiser. Wir finden eine junge Frau, zeigen ihr die VIP-Karten. Vermutlich wird sie uns nun sagen, dass „Box“ bedeutet, wir müssen 1/2 Etage höher in die VIP-Boxen, in denen man über der restlichen Zuschauermenge trohnt und ohne Sichteinschränkung dem Spektakel beiwohnen kann. Sie sagt: „Ja, da haben sie zwei Möglichkeiten: Entweder sie gehen einmal um das komplette Gebäude und suchen dort einen Mitarbeiter, der Ihnen sagen kann, wo sich die Mitarbeiter des Beschwerdemanagements befinden, damit sie diese darauf hinweisen können und man versuchen wird, Ihnen einen neuen Platz zuzuweisen (wie versuchen?) oder sie können sich da vorne an den Ausgang vor die Absperrung auf den Behinderten-Bereich setzen. Ich hole Ihnen dann zwei Klappstühle.“ Wie bitte? Wir sind doch VIP-Gäste, mit VIP-Parkplatz, VIP-Essen und VIP-Bändchen!

In Anbetracht der Tatsache, dass wir nur ungern den Anfang der Show verpassen wollen entscheiden wir uns für den Behinderten“park“platz. Immerhin stellen wir hier eine bessere Sicht auf die komplette Arena fest, als sie uns auf unseren VIP-Plätzen zugewiesen wurden.

Blick auf die Bühne

Blick auf die Bühne

 

Noch 15 Minuten warten, dann wird es ganz still, das Licht wird abgedunkelt und die Musik des Cirque de Soleil mit seinem für uns 4. Programm QUIDAM trägt und in die verträumte Welt eines kleines Mädchens, das aus der kalten Realität in ihre Traumwelt flieht. Wir machen uns mit ihr auf die Flucht vor VIP, die Flucht nach Quidam!


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